Antibiotika Resistenz-Mechanismen
Ein kurzer Überblick

Intrinsische Resistenzen
Antibiotika-Resistenzen sind definitiv nicht nur ein vom Menschen verursachtes Problem. Vielmehr ist seit geraumer zeit bekannt, dass Bakterien aus natürlichen Habitaten mehrere verschiedene Anpassungen vorgenommen haben, um die Anwesenheit von Antibiotika zu tolerieren. Besonders interessant: neue Forschungsergebnisse zeigen vermehrt, dass Bakterien bereits in der Prä-antibiotischen Ära (vor der Entdeckung des Penicillin durch Fleming 1928) teilweise Resistenzen zeigten — so zum Beispiel auch in 5000 Jahre alten Proben!
Wenn man allerdings bedenkt, dass die meisten Antibiotika-Produzenten (sogar die, die relevant für die heutige Medizin sind) meist Bodenmikroorganismen sind, ist es nicht sonderlich überraschend, dass auch Nicht-Antibiotika-Produzenten sich anpassen mussten, um zu überleben. Dieses Phänomen der gegenseitigen Anpassung wird von Wissenschaftlern als “Co-Evolution” bezeichnet und begleitet uns und die Erdgeschichte seit Anbeginn.
Übrigens, sei jedem das durchlesen der “Red Queen Theory” (Alice im Wunderland) ans Herz gelegt. Sie beschreibt die Wechselwirkung zwischen zwei Arten punktgenau — dies trifft auch auf die Entwicklung von Antibiotika-Resistenzen zu.
Antibiotika Resistenz-Mechanismen


Es gibt eine enorme Anzahl an verschiedenen Antibiotika. aber es gibt noch deutlich mehr Resistenz-Mechanismen, die die Bakterien im Laufe der Zeit entwickelt haben. Laut CARD (Comprehensive Antibiotic Resistance Databse) sind aktuell 2553 komplett unterschiedliche Gene bekannt, die Bakterien gegen bestimmte Antibiotika resistent machen (Gene mit homologer — sprich ähnlicher Funktion ausgenommen… dann müsste man die Zahl nochmals drastisch nach oben korrigieren). Die Art und Weise der Verteidigung gegen toxische Substanzen ist dabei ebenso vielfältig wie die Bakterien selbst. Die Top 4 der Abwehrmechanismen sind: Veränderung des Ziel des Antibiotikums (1), Veränderung des Antibiotikum (2), Abbau des Antibiotikums (3), Ausschleusen des Antibiotikums aus der Zelle (4). In Sachen Anpassung macht den Mikroben so schnell keiner was vor.

Globale Ausbreitung
Resistente Bakterien können sich via verschiedenster biologischer und physikalischer Kräfte über den gesamten Globus verteilen. Dazu gehören große meteorologische Ereiginisse (z.B.: das spannende Naturschauspiel Saharastaub), Tierwanderungen, unser Reiseverhalten, globale Wind- und Wasserströme und und und… Neusten Berichten zufolge könnten sogar (Mikro)Plastikpartikel zur globalen Verbreitung resistenter Mikroorganismen beitragen.
Wir Menschen tragen vor allem durch den “falschen” Umgang mit Antibiotika unseren Teil zur Entwicklung und Ausbreitung von resistenten Organismen bei. Egal ob falsche Indikation, unsachgemäße Einnahme, präventive Verabreichung in der Tierhaltung oder Wasserverschmutzung. Die Menschheit kann auch beim Thema Antibiotika-Resistenzen ihre Hände sicherlich nicht in Unschuld waschen, denn durch die genannten Punkte wird der teils natürliche Prozess der Evolution neuer Resistenz-Mechanismen unbestritten beschleunigt.
Bakterielle Konjugation — oder: wie Bakterien Sex haben

Let’s talk about Sex baby! Die bakterielle Konjugation (siehe Bild rechts) erlaubt es den mikroskopisch kleinen Organismen genetische Information zu übertragen — sogar über die Artengrenze hinweg! Diese Eigenschaft ist dementsprechend auch ein wichtiger Faktor in der Ausbreitung von Resistenz-Mechanismen. Vor allem da der selektive Vorteil (Charles Darwin lässt erneut grüßen) solcher Gene enorm ist und es den Bakterien erlaubt in ansonsten toxischen Umgebungen zu überleben. Auch die bakterielle Reproduktion führt durch dem Folgen der Regeln der Zellteilung (heißt aus einer Zelle entstehen immer zwei genetisch identischen Individuen — inklusive möglicher Resistenz-Gene versteht sich) zur Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen.
Dazu ein kleines Gedankenexperiment: eine einzige Bakterienzelle wird (durch zufällige Mutation) resistent gegen irgendein Antibiotikum (suchen Sie sich eines aus), verdoppelt sich alle 30 Minuten durch Zellteilung (sowie bspw. E. coli — einer unserer Darmbewohner), und lebt in einer perfekten (mikrobiellen) Welt ohne Tod oder Nährstofflimitierung. Innerhalb eines einzigen Tages gäbe es dann ungefähr 3^14 Bakterienzellen, die ein Resistenzgen in sich tragen und dieses über bakterielle Konjugation auch an andere Arten weitergeben können! Nochmals als Zahl: 4 782 969 Zellen — das ist mehr als die Hälfte der in Österreich lebenden Menschen… lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen!
Nur der Vollständigkeit wegen — es gibt noch eine dritte Möglichkeit wie genetische Informationen weitergegeben werden können: via Transduktion. Dabei nehmen Viren Teile der bakteriellen DNA in sich auf und geben sie schlussendlich an anderen Bakterien weiter.
